Forum Verbraucherinformatik 2021
Verbraucherdatenschutz – Technik und Regulation zur Unterstützung des Individuums
23.09.2021, online
Das Forum Verbraucherforschung zielt 2021 auf die Vernetzung der Akteur:innen im Themengebiet des Verbraucherdatenschutzes sowie die Diskussion aktueller Forschungsergebnisse.
Dabei sollen die folgenden Themen und Fragestellungen im Vordergrund stehen:


- Ansätze zur Förderung von Datensouveränität von Verbraucher:innen
- Datenschutz und Informationelle Selbstbestimmung aus Verbraucher:innensicht
- Gestaltungsansätze und Case Studies zu “Usable Privacyâ€, “Data Literacyâ€, innovativer Regulierung und Rechtsauslegung
- Sicherheit und Risiken für Verbraucher:innen bei der Nutzung digitaler Dienste und Produkte
Programm
Das Forum Verbraucherinformatik widmet sich vor allem an Verbraucherforscher:innen aus akademischen Disziplinen wie der Psychologie, den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, insbesondere der Verbraucherinformatik sowie inter- und transdisziplinären Forschungsvorhaben. Dabei sollen vor allem auch Nachwuchsforscher:innen ermutigt werden, ihre Arbeiten vorzustellen.
Das Forum Verbraucherinformatik ist als Tages-Workshop konzipiert. Der Ablauf ist wie folgt geplant und wird unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Einreichungen aus dem Umfeld der Verbraucherinformatik noch weiter konkretisiert.
9:00
Begrüßung
Dr. Timo Jakobi (Institut für Verbraucherinformatik)
Grußwort: Wolfgang Schuldzinski (Verbraucherzentrale NRW)
9:30
Keynote: IT-Sicherheit und Verbraucherschutz
Nadine Nagel, Abteilungsleiterin Cyber-Sicherheit für Wirtschaft und Gesellschaft, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
10:00
Technik als Teil digitalen Daten- und Verbraucherschutzes:
Digitale Verbraucherteilhabe bei Blockchain-Anwendungen
Datensouveränität für Verbraucher*innen: Technische
Ansätze durch KI-basierte Transparenz und Auskunft im Kontext der DSGVO
Prof. Dr. Kerstin Lemke-Rust, Katja Stoppenbrink, Marco Hünseler und Eva Pöll
Elias Grünewald, Dr. Frank Pallas
11:00
Kaffee-Pause
11:30
Ausgewählte Anwendungsbereiche digitalen Daten- und Verbraucherschutzes:
Datenschutz und -souveränität für Verbraucher:innen im künstlich intelligenten Fahrzeug
Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung in der Schule
Prof. Dr. Steffen Kroschwald
Franco Rau, Britta Galanamatis, Lars Gerber, Petra Grell, Johannes Konert, Kathrin Rheinländer, Daniel Scholl
12:30
Mittagspause
13:30
Keynote:
Digitaler Daten- und Verbraucherschutz
Prof. Ulrich Kelber, Bundesbeauftrager für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
14:00
Fortsetzung Anwendungsbereiche digitalen Daten- und Verbraucherschutzes:
„Im Wohnzimmer kriegt Alexa schon alles mit!“
Dominik Pins, Fatemeh Alizadeh
15:00
Kaffee-Pause
15:30
Ethische/rechtliche Überlegungen zu interdisziplinärem, digitalen Daten- und Verbraucherschutz:
Consuming disaster data: is IT ethical?
Designing Effective Privacy Icons through an Interdisciplinary Research Methodology
Prof. Monika Buscher, Luke Moffat, Sung-Yueh Perng
Prof. Dr. Max von Grafenstein, Dr. Timo Jakobi, Julie Heumüller
16:30
Offene Diskussion und Vernetzung
17:00
Offizielles Ende der Veranstaltung und Ausklang
Remote-Teilname / Covid19-Situation
Die Veranstaltung findet aufgrund der noch immer akuten Pandemie-Situation leider ausschließlich digital statt. Als Konferenztool wird Zoom genutzt. Der Besuch ist für alle Interessierten kostenfrei, es wird jedoch um Anmeldung gebeten (siehe folgend).
Anmeldung
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei, zur Planung aller benötigten Ressourcen, bitten wir jedoch um eine formlose Anmeldung. Schreiben Sie dazu einfach eine Email unter Nennung Ihres Namens und ggf. Organisation an timo ‚dot‘ jakobi ‚at‘ uni-siegen ‚dot‘ de. Wir freuen uns auf Sie!
Kontext
Digitale Produkte und Dienstleistungen gehören mittlerweile zum Alltag aller Verbraucher:innen. Die zugrundeliegenden Geschäftsmodelle von Unternehmen basieren dabei häufig auf der Sammlung von Daten über das Nutzerverhalten sowie deren Verwertung, etwa für Werbezwecke. Das ist zunehmend sogar bei kostenpflichtigen Produkten der Fall, die nicht primär werbefinanziert sind. Aufklärende AGB und Datenschutzhinweise sind dabei jedoch schwer verständlich und wenig zugänglich gestaltet. Maßnahmen wie Formulierungen von Zwecken der Datenverarbeitung, oder die Erklärung der Verbraucherrechte können ihre eigentliche Schutzfunktion dadurch nicht voll entfalten.
Nicht zuletzt hat die Corona-Krise der Nutzung digitaler Dienste weiteren Vorschub geleistet und eine flexible Anpassung des Alltages erforderlich gemacht. Vor dem Hintergrund der Vielzahl digitaler Alltagsdienste ist der Aufwand einer kontinuierlichen individuellen Datenschutz-Bewertung für Verbraucher:innen kaum zu leisten. Die offizielle Corona-Warn-App auch zeigt allerdings auch, dass Technologien durchaus unter Wahrung der Privatsphäre zielführend entwickelt werden können.
Für die Verbraucherpolitik und die Verbraucherwissenschaften stellen sich vor diesem Hintergrund Fragen nach einer besseren Unterstützung von Verbraucher:innen beim Schutz ihrer Privatsphäre sowie der Förderung ihrer Datensouveränität und informationellen Selbstbestimmung (Stevens u. a. 2019). Diese wird aber oftmals stark individualistisch, d. h. vom Verhalten der Nutzenden und ihrer vermeintlich “informierten†und “freiwilligen†Einwilligung konzipiert. Um Verbraucher:innen in dieser überfordernden Arbeit zu entlasten, soll das geplante Verbraucherforschungsforum das Zusammenspiel technischer und regulatorischer Ansätze mit Interessen der Vebraucher:innen in den Fokus rücken, also analysieren, wie Verbraucher:innendatenschutz kollektiv und rechtlich gewährleistet werden kann.
Aus einer technischen Perspektive können Ansätze wie Usable Privacy vielversprechend sein. Usable Privacy zielt darauf ab, Sicherheitssysteme aus Nutzersicht zu entwerfen (Cranor 2008) und Nutzende beim Management ihrer Privatheit zu unterstützen (Adams und Sasse 1999). Dies umfasst Aspekte wie die Verbesserung der Privacy Awareness (Langheinrich 2002), die gebrauchstaugliche Gestaltung von Sicherheitswerkzeugen (Whitten und Tygar 1999) und die verständliche Gestaltung von Datenschutzhinweisen (Schaub u. a. 2015; Angulo u. a. 2012), aber auch die Unterstützung von Data Literacy als Schlüsselqualifikation für informierte Datenschutzentscheidungen (Pangrazio und Sefton-Green 2020). Mit Blick auf die europäische Datenschutzgrundverordnung zeigt sich hier zunehmend, dass selbst die effektive Ausübung der Betroffenenrechte entsprechende Kompetenzen bzw. technische Unterstützung bei der Einforderung und Interpretation erfordert. Hier fehlt es noch an ergänzenden Maßnahmen, damit Daten im Hinblick auf ihren Informationsgehalt verstanden und effektiv gehandhabt werden können (Pins u. a. 2020).
Während technische Ansätze und Bildungskonzepte auf das Individuum abzielen, rücken politisch-regulatorische Ansätze auch die Angebotsseite und ihre Geschäftsmodelle in den Vordergrund. Insbesondere durch die Veröffentlichung von “Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ (Zuboff 2018) wurde die Logik der Datenextraktion und Datennutzung in der digitalen Ökonomie in den Fokus gerückt. Damit verbunden ist die Frage, wie die ökonomische Macht der Konzerne durch die Setzung politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen eingehegt werden kann (Pasquale 2018; Staab 2019). Sowohl die rechtliche Interpretation der Datenschutzgrund- als auch die Ausgestaltung der aktuellen ePrivacy-Verordnung zeigen hochaktuell, dass die Berücksichtigung regulatorischer Ansätze von erheblicher Bedeutung für den Verbraucher:innenschutz ist.
Die Veranstaltung will sich der Thematik daher aus einer multi-perspektivischen Sichtweise widmen und Beiträge zu konzeptionellen Überlegungen, empirischen Untersuchungen sowie auch sozio-technischen, politikwissenschaftlichen und juristischen Studien zusammenbringen.
Autorenrichtlinien und Deadlines
Die finalen Beiträge sollten eine Länge von 20 Seiten exklusive Literatur nicht überschreiten.
Ausgewählte Beiträge werden im Rahmen eines ca. 20-minütigen Vortrags auf der Veranstaltung vorgestellt und diskutiert. Es ist geplant, die Beiträge im Anschluss als digitalen Konferenzband auf dem Schriftenserver der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg unter einer Open Access Lizenz zu veröffentlichen.
Einreichung Abstract:Â 27.6.2021 24.00 Uhr AoEEntscheidung über Annahme: 16.7.2021Einreichung Langbeitrag: 22.08.2021- Präsentation: 23.9.2021
- Abgabe Konferenzbandversion: 03.10.2021
Als Format sowohl für Abstracts als auch für Langbeiträge bitten wir, das folgende Format der ECSCW 2021 Notes zu nutzen: MS Word (https://ecscw.eusset.eu/2020/wp-content/uploads/2019/09/ECSCW-2020_Template_.doc) oder LaTeX (https://ecscw.eusset.eu/2020/wp-content/uploads/2019/09/ECSCW-2020_Template.zip)
Veranstalter
Prof. Dr. Alexander Boden
Institut für Verbraucherinformatik, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Dr. Timo Jakobi
Institut für Verbraucherinformatik, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Partner
Prof. Dr. Gunnar Stevens
Lehrstuhl für IT-Sicherheit, Universität Siegen
Dr. Christian Bala
Kompetenzzentrum Verbraucherforschung, NRW
Anfahrt
Hier finden Sie bald nähere Informationen zu den genauen Räumlichkeiten.
Das Forum Verbraucherinformatik 2021 findet an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg statt. Die Adresse lautet:
Grantham-Allee 20
53757 Sankt Augustin
Für weitere Informationen zur Anfahrt an den Campus Sankt Augustin, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, verweisen wir gerne auf die Beschreibung der Hochschule selbst:
https://www.h-brs.de/de/campus-sankt-augustin
https://www.h-brs.de/files/related/anfahrt_campus_sankt_augustin.pdf
https://www.h-brs.de/files/lageplan_campus_sankt_augustin_2019_tewes.jpg
Referenzen
Adams, Anne, und Martina Angela Sasse. 1999. „Users are not the enemy“. Communications of the ACM 42 (12): 40–46. https://doi.org/10.1145/322796.322806 .
Angulo, Julio, Simone Fischerâ€Hübner, Erik Wästlund, und Tobias Pulls. 2012. „Towards usable privacy policy display and management“. Herausgegeben von Nathan Clarke und Steven Furnell. Information Management & Computer Security 20 (1): 4–17. https://doi.org/10.1108/09685221211219155 .
Cranor, Lorrie Faith. 2008. „A framework for reasoning about the human in the loop“. In Proceedings of the 1st Conference on Usability, Psychology, and Security, 1–15. UPSEC’08. USA: USENIX Association.
Langheinrich, Marc. 2002. „A Privacy Awareness System for Ubiquitous Computing Environments“. In UbiComp 2002: Ubiquitous Computing, herausgegeben von Gaetano Borriello und Lars Erik Holmquist, 237–45. Lecture Notes in Computer Science. Berlin, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/3-540-45809-3_19.
Pangrazio, Luci, und Julian Sefton-Green. 2020. „The social utility of ‘data literacy’“. Learning, Media and Technology 45 (2): 208–20. https://doi.org/10.1080/17439884.2020.1707223.
Pasquale, Frank. 2018. „New Economic Analysis of Law: Beyond Technocracy and Market Design“. Critical Analysis of Law 5 (1). https://cal.library.utoronto.ca/index.php/cal/article/view/29502.
Pins, Dominik, Alexander Boden, Britta Essing, und Gunnar Stevens. 2020. „‚Miss understandable‘: a study on how users appropriate voice assistants and deal with misunderstandings“. In Proceedings of the Conference on Mensch und Computer, 349–59. MuC ’20. New York, NY, USA: Association for Computing Machinery. https://doi.org/10.1145/3404983.3405511.
Schaub, Florian, Rebecca Balebako, Adam L. Durity, und Lorrie Faith Cranor. 2015. „A Design Space for Effective Privacy Notices“. In Proceedings of the Eleventh USENIX Conference on Usable Privacy and Security, 1–17. SOUPS’15. Berkeley, CA, USA: USENIX Association. http://dl.acm.org/citation.cfm?id=3235866.3235868.
Staab, Philipp. 2019. Digitaler Kapitalismus: Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. 1. Aufl. Suhrkamp Verlag.
Stevens, Gunnar, Alexander Boden, Lars Winterberg, Jorge Gómez, und Christian Bala. 2019. „Digitaler Konsum: Herausforderungen und Chancen der Verbraucherinformatik“. Wirtschaftsinformatik 2019 Proceedings, Februar. https://aisel.aisnet.org/wi2019/workshops/papers/6.
Whitten, Almar, und J.D. Tygar. 1999. „Why Johnny Can’t Encrypt: A Usability Evaluation of PGP 5.0“. In Proceedings of the 8th USENIX Security Symposium, August 23-36, 1999, Washington, D.C., 169–84. https://www.usenix.org/legacy/events/sec99/full_papers/whitten/whitten_html/index.html.
Zuboff, Shoshana. 2018. Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Übersetzt von Bernhard Schmid. Frankfurt New York: Campus Verlag.